Montag, 16. Dezember 2013

Wüste, Palmenoasen, Kakteen, Vulkane und Meer: San Ignacio - Mulege

San Ignacio erschien inmitten der kargen Wüstenlandschaft völlig surreal. In einem kleinen Tal gelegen, umgeben von 1000en von Dattelpalmen an einem Fluss, der eher wie ein Teich wirkt, in dem Enten herumschwimmen. Wir entschieden uns recht schnell, am Fluss zu campen. Hier und auch unterwegs treffen wir auf andere Radler, Motorradfahrer und Campermobilreisende. Niemand ist hier "nur" zum Urlauben, alle sind Langzeitreisende auf dem Weg durch den amerikanischen Kontinent. Verrückt...
Die Strecke durch die Baja California ist in dieser Jahreszeit voller Radfahrer, täglich fahren an einem Punkt mind. 2-3 Radler vorbei, untereinander sieht man sich selten, uns wird aber oft von anderen erzählt. In einem Umkreis von schätzungsweise 70km sind aktuell mindestens 2 weitere Deutsche, 1 Amerikaner, 2 Franzosen (auf Liegefahrrädern) und 2 Radler auf einem Tandem unterwegs.

Von San Ignacio aus lagen noch 75km auf der Mex1 vor uns bis an den kalifornischen Golf/Mar de Cortez. Wir beschlossen, die Etappe aufzuteilen um, wenn möglich, eine weitere Nacht im Kakteengarten zu verbringen. Eine gute Idee, die Weiterfahrt war nämlich eine regelrechte Tortur: fieser Gegenwind und Steigungen, die nicht sichtbar, aber vorhanden waren. Mit 10km/h Durchschnitts- (!)geschwindigkeit schleppten wir uns entlang einer flach aussehenden Straße. Die Beine machten sich mehr und mehr bemerkbar und auch psychisch war es schwer zu verkraften. Später wurden die Steigungen größer, der Wind weniger - auch anstrengend, aber besser zu verkraften. Nach einer Zeltübernachtung in traumhafter Kakteen- und Vulkankulisse machten wir uns an die letzten Anstiege und Abfahrten zum kalifornischen Golf. Eine Abfahrt war so lang, steil und spektakulär, dass ich mir vorkam wie in einer Achterbahn (nur ohne Schienen und Gurt). Adrenalinschübe ohne Ende:-) Die 2 Fahrtage zum und am kalifornischen Golf (über Santa Rosalia nach Mulege) hatten wir so starken Rückenwind, dass wir nur so dahin sausten. Der Wind, dein Freund und Feind... Die Städte hier sind mehr funktionell als schön, Santa Rosalia ist eine alte Kupferminenstadt mit einer (ich nenne sie Blech-) Kirche konstruiert von Gustaf Eiffel (ja genau, der Erbauer des Eiffelturms). Mulege liegt wieder an einem Fluss umgeben von Dattelpalmen und mit einer Misionskirche, aber weniger idyllisch als San Ignacio. Das Meer ist ganz in der Nähe, der Wind sorgt momentan aber für hohe Wellen am sonst ruhigen Mar de Cortez. Hoffentlich legt sich das noch, die nächsten Etappen führen uns nämlich an die schönen Strände der Bahia Concepcion.

Noch eine kleine Geschichte: Gestern war Sonntag. In Yucatan haben wir Fahrten an Sonntagen (und Samstagnachmittagen) möglichst vermieden, da Mexikaner dann hin und betrunken Auto fahren. Hier auf dem Highway der Baja California ist das nicht so ein Problem, die Betrunkenheitsfahrten beschränken sich ja meist um besiedelte Gebiete, vom Laden oder der Kneipe nach Hause:-) Gestern stoppten wir an einem Laden, eine Familie fährt in einem alten Pickup vor, Mama holt 2 Dosen Bier, Sohn schwätzt kurz mit anderen Jungs und Papa, der am Fahrersitz bleibt, öffnet noch vor Ort die Bierdose. Ein Bild, was uns seit Yucatan nicht mehr in ungläubiges Staunen versetzt. Dennoch sage ich zu Thomas: "Guck mal, das ist so normal hier, das würde bei uns garnicht gehen". Daraufhin schaut Thomas mich stirnrunzelnd an und meint: "Wieso, in Bayern ist das doch auch so, da trinkt man mittags auch sein Bier." Recht hat er, warum wundere ich mich überhaupt;-)
Alkoholgenuß ist in Yucatan übrigens in der Öffentlichkeit verboten (man wird verhaftet), in Restaurants bekommt man kein Bier und manchmal war es sogar schwer, überhaupt einen Laden zu finden, der Bier verkauft. Hier auf der Baja California wird das lockerer gehandhabt, selbst in Imbissen bekommt man auf Wunsch sein Cerveza.

Und jetzt eine Neuigkeit: Anfang Januar fliegen wir nach Peru und erreichen damit 1/2 Jahr später als vor langer Zeit geplant den südamerikanischen Kontinent!!
In Peru ist aktuell Regenzeit, die Flüge weiter in den Süden, wo besseres Reisewetter ist, waren jedoch zu teuer. Wir werden uns in Peru umschauen, vielleicht auch erst einmal ohne Rad und dann sehen wir weiter. Wir versuchen, die Fahrräder mitzunehmen, das muss aber alles noch geregelt werden. Wir sind hier in Mexico, also: schauen wir mal, vielleicht mañana;-)