Für die letzten 200km von Ciudad Constitucion bis nach La Paz hatten wir ca. 3 Tage eingeplant, je nach Übernachtungsmöglichkeiten und Kondition. Mit den Übernachtungen in der Pampa sollte es leider nicht mehr klappen: wir fuhren überwiegend durch umzäuntes Weideland, was entweder zu einsichtig oder zu steinig war, wildes Zelten fast unmöglich. Unser Plan B war eine Übernachtung in einer Ortschaft: Die meisten Radfahrer dürfen mangels Alternativen im Hof der Polizei oder Kirche schlafen. Also fuhren wir am 24. trotz fast unerträglicher Hitze die 100km bis zur Ortschaft Las Pocitas. Die eher langweilige Strecke war zu unserem Glück recht wenig befahren, was wir auf Weihnachten zurückführten.
Thomas steuerte zielstrebig die Kirche an. Ich hoffte sehr darauf, die Polizei unterwegs zu finden, da ich schon befürchtete, dass am 24. im katholischen Mexiko sicherlich auch ein Gottesdienst stattfindet. Direkt neben der Kirche war dann die kleine Polizeistation, wo wir ohne Probleme zelten durften. Erschöpft wie wir waren, bauten wir unser Zelt auf, aßen sämtliche Vorräte auf, die wir eigentlich für 2 Tage eingekauft hatten (was wir aber erst danach merkten, wir hatten scheinbar ordentlich Hunger...) und zum Sonnenuntergang ging es nach einer Katzenwäsche schon ins Bett. Wir waren einfach zu müde...
Als es dunkel war, war jedoch an Schlaf nicht mehr zu denken. Hier in Kurzform, was um uns herum geschah: Kinder stürmten mit Böllern durchs Dorf, in etwa in dem Ausmaß wie an einem deutschen Silvesterabend vor 0 Uhr. Unser Zelt wurde leider auch mal mit Steinen beworfen, vor den Böllern schützte uns vermutlich die Polizei. Aus verschiedenen Richtungen kam unterschiedliche mexikanische Folkloremusik in Discolautstärke, wir zählten mindestens 3 Musikquellen, eine davon fuhr offensichtlich durch das Dorf. Gegen 21.30Uhr läuteten die Kirchenglocken und es begann eine ca. einstündige Liveübertragung des Gottesdienstes via Lautsprecher durch das ganze Dorf. Die Musik lief währenddessen auf Kneipenlautstärke weiter. Man bemerke, das Dorf hat ca. 300 Einwohner. Wir fühlten uns, als würden wir inmitten eines Jahrmarktes zelten. Wahnsinn! An diesen Heiligabend werden wir uns sicher jedes Jahr zurückerinnern:-) Irgendwie haben wir dann doch noch etwas Schlaf gefunden, die Musik lief allerdings um halb 6 morgens immernoch oder wieder.
Am 25. waren wir früh auf der Straße und füllten unsere Vorräte wieder auf (nach der Party hatten natürlich die meisten der wenigen Läden und Restaurants zu, wir ergatterten gerade noch etwas Wasser, Weißbrot und frischen Käse). Wir entschieden uns relativ bald, die letzten 110km durchzufahren, wenn es irgendwie geht. Wir wollten jetzt einfach nur noch am Ziel ankommen. Zunächst lief es auch ganz gut, nach ca. 1 Stunde kam dann aber Seiten- und Gegenwind auf. Mehr als einmal diskutierten wir darüber zu trampen. Wir hatten einfach keine Lust mehr. Aber der Ehrgeiz war größer: das schaffen wir jetzt auch noch. Und wir haben es geschafft. Thomas empfand diesen letzten Tag als den schlimmsten, er war wirklich hart. Ohne die Kondition, die wir in den letzten Wochen scheinbar aufgebaut haben, hätte ich das auch nie und nimmer geschafft: Steigungen, Gegenwind, Seitenwind, der uns immer wieder in den Graben drückte, Verwirbelungen, wenn ein LKW vorbeifuhr, die heiße Sonne. Wenigstens die Landschaft zeigte sich nochmal von schöner Seite, viele Kakteen und zuguterletzt der Ausblick auf die Bucht von La Paz. Pünktlich zum Sonnenuntergang waren wir bei dem von uns angepeilten Hotel, am Stadtrand von La Paz. Uns tat alles weh, allen voran der Hintern. Aber: Wir haben es geschafft und sind so stolz!! 1600km zeigt der Tacho.
Eine anstrengende, aber sehr, sehr lohnenswerte Tour. Für uns steht jetzt schon fest, dass Mexiko der überraschende Höhepunkt unserer Weltreise ist. Wir sind durchweg begeistert, der Abschied fällt uns nach mehr als 3 Monaten in Mexiko nicht leicht und wir sind uns sicher, wir kommen wieder!!