Samstag, 12. Januar 2013

Christchurch

Man kann es sich nicht vorstellen. Da passiert ein Erdbeben, so stark, dass eine ganze Innenstadt zerstört wird und zwei Jahre danach ist immernoch so wahnsinnig viel von der Zerstörung zu sehen: verlassene, halb zerfallene Häuser, Bürogebäude und Fabriken, abgesperrte Parkhäuser, leere Grundstücke, Freiflächen und ein nach wie vor abgesperrter Innenstadtbereich, die sogenannte "Red Zone". Abrissarbeiten sind in vollem Gange, man sieht notdürftig überirdisch verlegte Rohre und Risse in Gehsteigen. Daneben fahren auf dem Avon River Stocherkähne, im botanischen Garten findet man das englische Flair der Gartenstadt Christchurch, mit der Re:START City Mall wurde 2011 ein kleiner neuer Innenstadtbereich eröffnet, wo einige Geschäfte und Cafes in bunten Schiffcontainern zu finden sind.

Es ist schlimmer, als ich es mir vorgestellt habe, obwohl sicher nur noch ein kleiner Bruchteil so zu sehen ist, wie es nach dem Beben gewesen sein muss. Zunächst einmal für uns Deutsche ungewöhnlich, dass so vieles weiterhin ruht, aber auch schwer nachvollziehbar, dass die Innenstadt wieder aufgebaut werden soll. Wenn man so etwas Großes, so etwas Zerstörerisches sieht oder gar erlebt, warum bleibt man hier wohnen? Es gab Tote, Verletzte, die Beben gehen weiter. Schätzungsweise 70000 Menschen (von 366000 Einwohnern) haben die Stadt verlassen, genaue Zahlen gibt es nicht. Wenn man Einzelne fragt, bekommt man zur Antwort, dass so lange kein Beben war, davor und danach. Mir gehen ähnliche Gedanken durch den Kopf wie im Tongariro Nationalpark, wo die Menschen ebenfalls auf einer tickenden Zeitbombe sitzen. Hier in Christchurch ist das Ausmaß mehr zu spüren. Es ist schwer in Worte zu fassen. Ich wünsche mir sehr, dass ich so eine Katastrophe nicht erleben muss. Apropos Feuer: seit gestern lodern hier in der Region Canterbury immer wieder Brände - aufgrund der Trockenheit und der Hitze. Hier in der Stadt merkt man davon nicht viel. Wir haben erstmals das Gefühl, der Sommer ist da und genießen die warmen Temperaturen. Morgen fahren wir weiter in Richtung Meer.